VERBAND DER PARLAMENTS- UND VERHANDLUNGSSTENOGRAFEN E.V.

aus: NStPr 4 (2007)

Der berühmte „kleine Freund" ist digital und computerkompatibel geworden. Als solcher ist er, dank technischer Innovationen, für viele von uns im Arbeitsleben stets präsent. Doch wird bei der Entwicklung von digitalen Aufnahmegeräten viel zu selten an die besonderen Bedürfnisse von Stenografen gedacht. Wohl deshalb blieben bislang ein paar Wünsche an ein perfektes digitales Aufnahmegerät offen. Einige davon, wenngleich nicht alle, lassen sich seit Mitte 2007 erfüllen: mit dem Soundman Digital Recorder DR2.

Das Gerät der Firma Soundman in Berlin, die durch das OKM‑II-Mikrofon vielen ein Begriff ist, stellt in manchen Anwendungsbereichen eine echte Alternative zu dem von unserem Kollegen Frank Büttner vor einem Jahr vorgestellten Olympus WS‑320M dar und ist mit ca. 150 Euro deutlich günstiger als zum Beispiel der Edirol R‑09. Der Hersteller nimmt für sich in Anspruch, mit dem DR2 den Anforderungen für professionelle Sprachaufnahmen zu genügen. Dem kann – auch wenn das Gerät in einigen Punkten noch verbessert werden könnte – im Wesentlichen zugestimmt werden.

1. Vorzüge des DR2 und seine wichtigsten Funktionen

Zwei wichtige Vorzüge des DR2 stechen vor allem im Vergleich mit dem WS‑320M ins Auge: Es nimmt sowohl im WAV‑Format (16 Bit, 44,1 KHz) als auch im MP3‑Format (96, 128 oder 196 kbp/s) auf. Anders als beim WS‑320M entfällt damit das Konvertieren in eines dieser Formate, bevor Aufnahmen zum Beispiel mit dem Transcription Buddy abgespielt werden können. Zudem verfügt der DR2 im Gegensatz zum WS‑320M über einen Line‑in-Eingang, was den Anschluss eines zusätzlichen Überspielkabels überflüssig macht. Da die Buchse des Line‑in-Eingangs allerdings mit der des Mic‑in-Eingangs identisch ist, muss die Aufnahmeart im Menü gesondert eingestellt werden; eine automatische Erkennung der Aufnahmequelle gibt es nicht.

Der DR2 verfügt über einen Speicher von 2 GB, von denen aber nur ‑ wie das Gerät selbst anzeigt ‑ 1,8 GB für Aufnahmen zur Verfügung stehen. Das ermöglicht Aufnahmen von bis zu 23 Stunden im MP3‑Format (196 kbp/s) bzw. bis zu 12,5 Stunden im WAV‑Format und genügt damit wohl allen denkbaren Anforderungen des Stenografenalltags. Erfolgt die Aufnahme über ein externes Mikrofon, erlaubt der DR2 die Aussteuerung des Aufnahmepegels in zweifacher Hinsicht: Zum einen ist eine Feinaussteuerung auch während der Aufnahme möglich; das ist ‑ vor allem, weil die Aufnahmequalität mittels Kopfhörer mitverfolgt werden kann ‑ sehr komfortabel. Zum anderen kann der Pegel vor der Aufnahme (über die Voreinstellungen im Menü) um 10 dB oder 20 dB verringert werden, auch wenn sich dies in der Praxis höchstens bei Aufnahmen von Interviews, aber kaum bei Aufnahmen von Tagungen in größeren Räumen als sinnvoll herausgestellt hat. Bei einer Aufnahme über den Line‑in-Eingang kann (auf der Basis der Software‑Version 8.9) die Pegelaussteuerung nur während der Aufnahme und damit auch nur mit mäßigem Effekt vorgenommen werden. Hier wäre eine Pegelverringerung um 10 dB oder 20 dB häufig sinnvoller als bei Mikrofonaufnahmen.

Aufnahmestart und -stopp erfolgen durch Drücken einer einzigen, leicht zugänglichen Taste. Die Aufnahme beginnt praktisch unmittelbar danach. Das Gerät vergibt dabei automatisch einen Dateinamen; dieser beginnt mit der abgekürzten Aufnahmequelle und trägt dazu eine durchnummerierte Ziffernfolge. So heißt die 5. Aufnahme mittels eines externen Mikrofons im MP3‑Format etwa „E005.mp3".

Der DR2 ist sehr handlich, misst er doch nur 72,5 x 35,5 x 18,5 mm, wiegt er doch nur etwa 35 Gramm (inkl. Batterie) und verfügt er doch über ein eingebautes Mikrofon mit durchaus vernünftigen Aufnahmeeigenschaften. Das Gerät kann über ein mitgeliefertes Kabel mit dem USB‑Port eines Computers verbunden werden.

2. Kritikpunkte und Verbesserungsmöglichkeiten

Ungeachtet dieser nicht von der Hand zu weisenden Vorteile gibt es aber auch ein paar Kritikpunkte. So kann die Stromversorgung des DR2 im Aufnahmemodus nur durch eine AAA‑Batterie bzw. durch einen entsprechenden Akku erfolgen; ein Netzbetrieb ist nicht mög­lich. Bei Ver­wendung einer handelsüblichen AAA‑Batterie liegt die ma­ximale Aufnahmezeit im MP3-Format (im Praxistest) bei unter 3 Stunden. Für viele Einsatz­bereiche ist das wohl zu wenig, aber zum Beispiel für Interview­mitschnitte noch ausreichend. Ärgerlich ist, dass keine Auf­nahmen möglich sind, während das Gerät mit dem Computer verbunden ist und seine Energie über das USB‑Verbindungskabel bezieht. So kann der DR2 nicht als Back‑up-Gerät zwischengeschaltet werden, wenn zum Beispiel auf Konferenzen oder Erörterungs­terminen hauptsäch­lich direkt mit dem Computer aufgenommen werden soll. Dass für die Verbindung mit dem Computer ein Überspielkabel überhaupt notwen­dig ist, ist ebenfalls zu monieren – vor allem, da das WS‑320M ge­zeigt hat, wie hervorragend eine Verbindung des Gerätes direkt mit dem USB‑Port eines Computers funktionieren kann.

Schließlich ist die Menüführung zumindest etwas gewöhnungsbedürftig. Zu kritisieren ist nicht nur, dass die 5‑Wege-Taste nicht sonderlich präzise funktioniert; es überrascht beispielsweise auch, dass die Einstellung der Aufnahmequelle (externes Mikrofon, internes Mikrofon, Line‑in) nicht über die 5‑Wege-Taste erfolgt, sondern durch langes bzw. kurzes Drücken der Aufnahmetaste. Gleiches gilt für die Verringerung des Pegels bei einer Aufnahme mit einem externen Mikrofon um 10 dB bzw. 20 dB. Das ist nicht nur kontra‑intuitiv, sondern löst auch bei jeder Umstellung eine neue Aufnahme aus. Dieses Problem könnte sich aber durch ein Software‑Update lösen lassen.

3. Fazit

Trotz der beschriebenen Schwächen genügt das Gerät den Anforderungen im praktischen Einsatz weitgehend, vor allem bei Aufnahmen über die Line‑in-Buchse. Da alle Grund­einstellungen im Wesent­lichen nur einmal vorgenommen werden müssen (zum Beispiel Displayhelligkeit, Sprache oder Stromsparmodus), das Dateimanagement im Regelfall erfolgen wird, wenn das Gerät mit dem PC verbunden ist, und Aufnahmestart und -stopp durch einen einfachen Tastendruck erfolgen, überzeugt der DR2 durch seine Bediener­freundlichkeit. An der Qualität der Auf­nahmen gibt es herzlich wenig zu kritisieren; allein die nicht befriedigende Energie­versorgung schränkt die Einsatzmöglichkeiten des DR2 ein wenig ein. Kurzum: Der DR2 ist eine sinnvolle Alternative zum Olympus WS‑320M, doch der „große Wurf" ist auch dieser „kleine Freund" noch nicht.